Dienstag, 12. August 2014

Mais, Mais, Mais

Wölfe und ein Brauhaus in einer Reithalle (Soltau)

Die nächsten Tage brachten für unsere Paarbeziehung weitere Challences. Niedersachsen bot sich uns in seiner gesamten Niedersachsenhaftigkeit: Mais, Mais, Mais. Außerdem durchquerten wir ehemalige militärische Sperrgebiete und weitläufige Fichtenschonungen. Eine Art Verschnitt zwischen einem Roadmovie aus dem Mittleren Westen mit Einsprengseln von „So weit die Füße tragen“. Unsere glühten. Froh waren wir, wenn wir eine der raren Rastbänke entdeckten. Hannes lobte unseren Schwäbischen Albverein. „Die sind nicht so geizig mit Bänken. Auf unseren Wanderwegen gibt es viel mehr und besser ausgestattete Rastplätze.“ Der erste Griff ging automatisch an die Schnürung unserer Stiefel. Nur runter mit den schweren Dingern, Luft an unsere armen Fußsohlen.

Wie wir so auf einer Bank sitzen und unsere Knöchel massieren, kommt mit zügigem Schritt ein junger Wanderer heran. Erst halten wir ihn für den Wanderprediger, mit dem wir beim Frühstück in Bispingen noch länger gesprochen, jetzt aber schon seit Stunden nicht mehr getroffen haben. Der junge Mann ist zwar am Morgen eine Zeit lang mit ihm gewandert, hat ihn aber auch schon lang nicht mehr gesehen. Dafür kann er neues Aufregendes berichten: Es gibt Wölfe hier im Wald. Mindestens ein oder zwei Rudel sollen sich hier in der Gegend aufhalten. Wir sind plötzlich hellwach. Gesehen haben wir leider keine, nicht mal ein leises Heulen aus der Ferne war zu hören.



Von Bispingen bis Soltau waren es nur 20 Wanderkilometer, wir planten deshalb einen Abstecher mit dem Zug nach Lüneburg und dort ins Salzmuseum. Daraus wurde leider nichts. Es gab keine passende Zugverbindung. Wir schlenderten stattdessen etwas unmotiviert durch das wirtschaftliche Zentrum des Heidekreises. Die Hauptstraße war eine lange Reihe von Spielhallen, Trinkhallen, Orthopädiegeschäften und Ärzten. Ein heftiges Gewitter lassen wir über uns ergehen und suchen anschließend das im Stadtprospekt angepriesene Brauhaus Joh. Albrecht im prächtigen Gebäude der ehemaligen kaiserlichen Reitschule. Das herrschaftliche Anwesen liegt etwas außerhalb, aber der Weg lohnt sich. Wir testen eine der sommerlichen Bierspezialitäten - ein fruchtiger Mix aus Weizen und Pils. Bleiben aber schließlich bei Bewährtem: ein Hefeweizen und ein großes Pils! In dem wunderschönen Biergarten sind wir fast die einzigen Gäste. Wir bleiben unter den alten Kastanienbäumen sitzen, bis es uns zu kühl wird. Dann gehen wir rein. Auch Innen ist das Brauhaus geschmackvoll-rustikal eingerichtet. Mit Blick auf glänzende Kupferkesse trinken wir noch ein letztes Bier und knabbern dazu geröstete Weizenkörner. Eine ziemlich harte und salzige Angelegenheit – macht Durst auf kühles Bier, was wohl der Sinn der Sache ist.

Zu guter Letzt machen wir uns doch auf den Weg in unser Hotel Utspan. Die Gaststube ist noch besetzt und die Szenerie so kurios, dass wir spontan beschließen, noch einen Absacker zu nehmen – nur um zu kucken und große Ohren zu machen. Am Tresen kämpft die Besitzerin mit ihrer computerunterstützten Abrechnung, ein untersetzter Geschäftsreisender gibt kluge Ratschläge dazu. Im hinteren Bereich des Gastraums sitzt der Soltauer Altherrenstammtisch beim Skat. Der Rollator steht griffbereit daneben. Am Tisch neben uns ein älteres Ehepaar hat sich offenbar nicht mehr allzu viel zu sagen. Die beiden sitzen nebeneinander wie Spatzen auf dem Draht, jeder ein Glas Pils vor sich, die Augen geradeaus. Gespannt beobachten wir die beiden, aber sie bleiben konsequent und sprechen während der gesamten Zeit kein Wort miteinander. Wir geben als erste auf und landen in unserem Zimmer – in einem schwarzen Lederbett, so groß und ausladend, dass Hannes ganz verloren darin wirkt.

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